Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung, bei der es zum fortschreitenden Abbau des Gelenkknorpels kommt. Oft begleitet von Veränderungen an Knochen, Gelenkkapsel und umliegender Muskulatur. Wichtig zu betonen ist, dass arthrotische Veränderungen ein normaler Teil des Alterungsprozesses sind, und circa ab dem 40.Lebensjahr bei jedem Menschen auftauchen.
Das Ausmaß dieser Veränderungen muss dabei nicht zwangsläufig mit dem Ausmaß an Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen korrelieren.
Gelenkknorpel taucht wie der Name sagt, in unseren Gelenken auf und soll dort zur Stoßdämpfung und Reibungsminimierung beitragen. Da er nicht durchblutet wird, ist unser Knorpel auf eine Nährstoffaufnahme durch Bewegung angewiesen. Konkret erhält er seine Nährstoffe durch Diffusion aus der “Synovia” (Gelenkschmiere), die unser Körper bei Bewegung bildet. Zu großen Teilen besteht unser Knorpel aus Kollagen. Diese kollagenen Fasern benötigen je nach Fasertyp Druck und Zug um ihrer Funktion nachzukommen.
Merke: Entgegen der landläufigen Meinung ist Bewegung essenziell und unabdingbar bei Arthrose
Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Arthrose die Konsequenz von zu hoher Belastung über einen langen Zeitraum sei. Heute wird die Entstehung einer Arthrose deutlich differenzierter betrachtet, da viele Faktoren die Entstehung begünstigen.
Dazu zählen:
Ein Ungleichgewicht zwischen Aufbau und Abbau von Gelenkgewebe wird durch verschiedene Auslöser begünstigt. So kann es dazu kommen, dass eine Arthrose nicht durch zu viel, sondern eher durch zu wenig Belastung entsteht.
Bei Personen die wenig oder keine körperliche Aktivität haben ist die Qualität der Knorpelzellen sowie dessen Funktion deutlich herabgesetzt. Die Belastbarkeit sinkt aus diesem Grund – dadurch führt bereits eine deutlich geringere Belastung zu Problemen.
Man unterscheidet primäre und sekundäre Arthrose:
Zur Verdeutlichung der Funktionsweise des gesunden Knorpels eignet sich ein Schwamm:
Wie ein nasser Schwamm, besteht auch unser Knorpel vorrangig aus Wasser. Dieses Wasser hilft mit der umliegenden Gelenkschmiere dabei, Belastungen und Stöße abzudämpfen. Damit der Knorpel gesund bleibt ist eine kontinuierliche Zufuhr von Wasser, sowie die fortlaufende Bildung der Synovia (Gelenkschmiere) von entscheidender Bedeutung. So wie ein Schwamm ausgepresst werden muss um sich danach wieder mit neuem Wasser vollsaugen zu können, so brauchen unsere Gelenke Bewegung, da nur unter Bewegung Gelenkschmiere gebildet wird.
Ohne Bewegung ist unser Knorpel also nicht in der Lage dauerhaft seine Funktion aufrecht zu erhalten.
Man spricht also nicht von überlastungsbedingter Arthrose sondern eher von “relativer Überlastung”, da nicht direkt die Belastung zu hoch, sondern die Belastbarkeit des Knorpels zu gering ist.
Im Verlauf einer Arthrose kann es zu folgenden Anpassungen kommen:
Zunächst folgt eine Anamnese, bei der die Fragen nach Schmerz, Bewegungseinschränkungen und Gelenkgeräuschen im Vordergrund stehen.
Hierbei wird insbesondere auf “Kapselmuster” geachtet (Reihenfolge an Bewegungsrichtungen die bei der jeweiligen Arthrose zuerst einschränken).
z.B. Hüftarthrose: Innenrotation > Beugung > Abspreizung > Rückführen des Beins
⟶ Bei der Hüfte ist typischerweise die Innenrotation stark eingeschränkt, während Außenrotation und Heranführen des Beins gut funktionieren
Falls notwendig wird per Röntgenbild geprüft, ob eine Gelenkspaltverschmälerung (durch den Knorpelabbau) oder Osteophyten (Knochenanbauten) wie sie bei einer Arthrose auftreten für die Beschwerden verantwortlich sein können.
Merke: Veränderungen in unseren Gelenken sind normal und jeder weist gewisse Anpassungen auf. Schmerzen haben trotz Befund nicht alle, weswegen du dich bei der Diagnose Arthrose nicht gleich von deinen Hobbies verabschieden musst. Gezielte Aktivität zur Entlastung ist das Stichwort.
“Knorpel wächst wieder nach” ⟶ Auch wenn es in der Werbung immer wieder gepredigt wird ist das nicht realistisch. Da helfen leider weder Gummibärchen noch teure Präparate aus dem Netz
“Auf dem Röntgenbild war kaum mehr Knorpel, das muss zu 100% meine Schmerzen auslösen” ⟶ Tatsählich gibt es keinen direkten Zusammenhang zwischen Gelenkverschleiß und Schmerzen.
Beispielsweise haben 40% der Menschen mit gesicherter Kniearthrose keine Schmerzen (Arthrose als Zufallsbefund). Nur weil die Knorpeldicke geringer ist, muss das nicht der Grund der Schmerzen sein
“Bloß den Sport sein lassen, sonst ist Knie/Hüfte ganz hin” ⟶ Regelmäßige Gelenkbewegung und Belastung fördern nachweislich die Knorpelgesundheit, die Qualität der Knorpelzellen und steigern sowohl Belastbarkeit als auch Muskelkraft, die wiederum in direktem Zusammenhang mit der Gelenkentlastung steht.
Angepasste Bewegung ist nicht das Problem, sondern viel mehr der Goldstandard in der konservativen Versorgung. Entscheidend ist, das richtige Einstiegslevel zu finden, und danach kontinuierlich zu steigern. Denken Sie an das Beispiel mit dem Schwamm!
Bedingt ist die Aussage dennoch bei einer “aktivierten Arthrose” korrekt. Hierbei entzündet sich das Gelenk, wobei Schmerz und Schwellung Sport ohnehin nicht ermöglichen.
Eine Operation im Rahmen eines Gelenkersatzes wird erst bei sehr fortgeschrittenen Arthrosen in Abhängigkeit zu Schmerz und Funktion des Gelenks in Erwägung gezogen. Wird die Arthrose zu einer mentalen Belastung durch schmerzbedingten Schlafmangel, Probleme am Arbeitsplatz oder durch die Unfähigkeit an sozialer Teilhabe wird in der regel gemeinsam eine OP abgewogen.
Vorausgehen sollten in jedem Fall konservative Methoden im Rahmen der manuellen- und trainingstherapeutischen Behandlung, sowie Gewichtabnahme.
Je nach Grad und Lokalisation der Arthrose kann eine Teilprothese oder eine Vollrpothese (TEP) eingesetzt werden. Aufgrund der fortgeschrittenen OP-Technik und verbesserten Materialien im Vergleich zu früher kann eine Hüft-TEP beispielsweise 20-25 Jahre ihre Dienste tun, ehe ein Tausch in Frage kommt. Mit jedem Tausch sinkt allerdings auch die Dauer, die das neue Gelenk “hält”. Aus diesem Grund sollte eine OP im Bezug auf das Alter des/der Patient/in so weit wie möglich herausgezögert werden.
1. Anamnesegepräch und Funktionsuntersuchung
Auch wir führen neben dem Arzt nochmal ein Gespräch mit anschließender Funktionsuntersuchung um ein umfassendes Bild über Beschwerden und mögliche dazu beitragende Faktoren zu bekommen. Diese Evaluation bildet die Grundlage für die spätere Therapie.
2. Aufklärung
Das Thema Aufklärung ist uns sehr wichtig. Unser Ziel ist es ein Verständnis für das vorliegende Probleme zu schaffen, aber auch Lösungswege dafür aufzuzeigen und Ängste zu nehmen, die oftmals unbegründet sind. Wir sind der Überzeugung, dass das Wissen über ein Problem und die nächsten Schritte zur Linderung einen großen Teil zu einer erfolgreichen Therapie beitragen.
3. Manuelle Behandlung
Mobilisationstechniken zur Steigerung der Beweglichkeit können eine gute Vorbereitung auf die in den Leitlinien empfohlene Trainingstherapie sein. Sie können kurzfristig Schmerzen lindern und Beweglichkeit freigeben. Diesen Effekt möchten wir uns zu Nutze machen, um das Gelenk anschließend besser belasten zu können und so leistungsfähiger zu machen.
4. Trainingstherapie
Wie bereits erwähnt ist die beste Therapie bei Arthrose entgegen veralteter Bilder die Trainingstherapie. Unser Knorpel braucht Druck und Zug um zu funktionieren und unser Gelenk Bewegung um Gelenkschmiere zu produzieren. Unsere Muskulatur kann die Gelenke entlasten bei adäquater Kräftigung. Regelmäßiges Krafttraining reduziert entzündliche Zytokine und steigert die Bildung entzündungshemmender Botenstoffe. (Hoff et. al 2022, Glyn-Jones et. al Jancet 2015).
Entscheidend ist ein angepasstes Trainingsprogramm an den aktuellen Zustand, der schrittweise gesteigert werden kann.
Arthrose ist ein natürlicher Alterungsprozess des Körpers den wir nicht umkehren können. Dennoch lassen sich etwaige Schmerzen und Bewegungseinschränkungen bei frühzeitiger Therapie gut behandeln. Wir hoffen wir konnten die aktuelle wissenschaftliche Faktenlage gut darstellen und zu aktivem Training ermutigen. Oftmals lässt sich ein Gelenkersatz vermeiden oder zumindest um einige Jahre herauszögern. Die wichtigste Person, auf die es dabei ankommt sind Sie. Training = Therapie und Therapie = Training